Makuladegeneration

Femtosekundenlaser: Wege zur eingebauten Brille

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Quelle: Reutlinger Generalanzeiger
www.gea.de/region+reutlingen/tuebingen/wege+zur+eingebauten+brille+.2242835.htm

15.10.2011

Medizin - Sich Augen lasern zu lassen, ist populär. An der Tübinger Augenklinik gibt es dazu eine Spezialsprechstunde

Wege zur eingebauten Brille

Von Brigitte Gisel

TÜBINGEN. "Mich stört meine Brille überhaupt nicht", sagt Martin Leitritz. Der Facharzt an der Tübinger Uni-Augenklinik weiß aber, dass viele Menschen das ganz anders sehen - aus kosmetischen Gründen, aber auch, weil sie trotz Brille oder Kontaktlinsen nicht so gut sehen, wie sie es gerne würden. Manche von ihnen sieht Leitritz in der Spezialsprechstunde für refraktive Chirurgie an der Tübinger Augen-Uniklinik. Dort untersuchen und beraten die Mediziner aus dem Team um Professor Peter Szurmann jedes Jahr mehrere Hundert Patienten, die davon träumen, sich ihre Brille per Laser oder Linsenaustausch quasi wegoperieren zu lassen.

Wie chic es geworden ist, sich die Augen lasern lassen, ist an der Vielzahl von Angeboten im Internet abzulesen. Operationen werden in Deutschland, Tschechien oder der Türkei angeboten, gerne auch mit integrierten Finanzierungsangeboten, um die Nebenwirkungen auf die Brieftasche des Patienten gleich mitzubehandeln. Leitritz, der der refraktiven Chirurgie anfangs skeptisch gegenüberstand, ist inzwischen überzeugt von den medizinischen Möglichkeiten. Aber nicht um jeden Preis. "Machen kann man viel", sagt er. "Wir machen aber nur das, von dem wir sicher sind, dass wir langfristig gute Erfolge haben."

Gewinn an Lebensqualität

Zwischen 60 und 70 Patienten kommen jedes Mal zu den Infoveranstaltungen, sechs bis acht pro Woche finden den Weg in die Sprechstunde des Departments für Augenheilkunde. Rund 150 Patienten pro Jahr werden in Tübingen gelasert oder erhalten ein Linsen-Implantat. Zum Vergleich: In der Augenklinik werden jedes Jahr 13 000 Eingriffe vorgenommen, bei 2 500 wird der "graue Star" operiert.

Augenlasern fällt in die Kategorie Komfortchirurgie, gilt also mehr oder weniger als Schönheitsoperation. Deshalb hängen die Mediziner aus der Spezialsprechstunde die Latte hoch. "Wenn wir einen Patienten mit sechs Dioptrien operieren, ist das ein großer Gewinn an Lebensqualität", sagt Leitritz. Deshalb aber jeden zu operieren, der nur etwas kurz-, weit- oder stabsichtig ist, lehnen die Mediziner ab. Denn völlig frei von Risiken ist auch diese Technik nicht: Es kann Narben auf der Hornhaut geben, in seltenen Fällen treten Infektionen auf, manche Patienten sehen Lichthöfe oder klagen über trockene Augen.

In Tübingen werden zwei Standardverfahren angewendet: Ein sogenannter Excimer-Laser "modelliert" bei beiden Verfahren die Brillenwerte in die Hornhaut. Beim Lasek-Verfahren wird die oberste Hornhautschicht, das Epithel, beiseitegeschoben oder entfernt und muss dann wieder zuwachsen. Beim Lasik-Verfahren wird ein Hornhautdeckelchen geschnitten, welches nach dem Eingriff wieder zurückgeklappt wird und als natürliches Pflaster dient. Das Hornhautdeckelchen wird in Tübingen durch einen modernen Femtosekundenlaser geschnitten. Bei stark Kurzsichtigen kommen hinterher 98 Prozent der Patienten ohne Brille aus, bei extrem Kurzsichtigen 90 Prozent.

Bei Patienten über 50 Jahren und extrem starken Sehproblemen raten die Augenärzte eher zur Linsenchirurgie. Der Grund: Mit zunehmendem Alter beginnt sich die Linse einzutrüben und auch die Akkommodationsfähigkeit - also der "Autofokus" des Auges - geht verloren. Leitritz empfiehlt dann, die Korrektur der Fehlsichtigkeit gleich in die neue Linse einzuarbeiten. Bei jungen Menschen wäre der Verlust der Anpassungsleistung des Auges ein Nachteil. Weil das im Alter ohnehin der Fall ist, fällt dies älteren Patienten aber gar nicht auf.

Eingebaute Kontaktlinsen

Eine weitere Alternative sind Linsenimplantate. Implantierbare Kontaktlinsen oder sogenannte Vorderkammerlinsen werden zusätzlich zur eigenen Linse ins Auge eingepflanzt - dem Patienten wird quasi die Brille ins Auge eingebaut. Hier bleibt auch die Akkommodationsfähigkeit erhalten.

Immer wieder melden sich in der Tübinger Augenklinik auch "OP-Touristen", wie Leitritz das nennt. Sie haben sich häufig kurz entschlossen außerhalb Deutschlands ihre Augen lasern lassen und nun Probleme, welche eine Nachbehandlung erforderlich machen. Das kann teuer werden. Denn die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen weder in Deutschland noch im Ausland die Kosten für die Operation noch die Aufwendungen für Vor- und Nachuntersuchungen. Laser-Eingriffe kosten in Tübingen pro Auge mindestens 1 800, implantierbare Kontaktlinsen über 2 000 Euro.

Bevor operiert wird, sind eine Vielzahl von Untersuchungen fällig, um andere Krankheiten, die das Sehen beeinträchtigen können, auszuschließen. Seit Kurzem bietet die Augenklinik noch eine Kurzuntersuchung an, die nur zehn Minuten lang dauert. Hinterher weiß der Patient, ob es lohnt, sich für die zeitaufwendigere Voruntersuchung anzumelden oder ob es nicht besser ist, sich doch mit der Brille oder den Kontaktlinsen anzufreunden. (GEA)


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